18. Januar 2024
Hanspeter (Haeme) Ulrich präsentiert in seinem Blog auf oergele.ch immer wieder spannendes rings ums Örgeli. Es freut mich sehr, dass ein Blog über mich entstanden ist.
Hanspeter Ulrich: Seit Jahrzehnten bist du aktiver Volksmusiker. Aktuell mit der Formation «chummlig». Was zeichnet euch aus?
Urs Liechti: Das alte berndeutsche Wort «chummlig» bezeichnet Situationen, die «gelegen, gut passend, willkommen» sind. Mit diesem Motto versuchen wir uns selbst und den Zuhörer:innen einen «chummligen» Auftritt zu bieten. Unser Musikstil lässt sich nicht in eine «Stilschublade» stecken. Nebst vielen Eigenkompositionen spielen wir Stücke von Komponisten aus (fast) allen Landesteilen und Stilrichtungen. Einflüsse aus verschiedenen Ländern, wie Schweden, Dänemark, Irland etc. bauen wir nach und nach in unser Repertoire ein.
Eine Spezialität von uns ist, dass wir nebst Schwyzerörgeli auch Akkordeon, diatonische Handorgel, Langnauerli und diverse andere kleine Örgelis, die von Christian Stäger meist selbst gebaut wurden, einsetzen.
Hanspeter Ulrich: Begonnen hast du das Schwyzerörgelispielen vor beinahe 50 Jahren. Was waren deine wichtigen musikalischen Stationen?
Urs Liechti: Mein Örgelilehrer war Hansjürg Lehmann aus Grächwil (BE). Er spielte damals beim «Schwyzerörgeli-Quartett vom Frienisberg». Nach einigen Örgelistunden durfte ich meine ersten Erfahrungen mit diesem Quartett erleben.
1986 gründeten wir das Schwyzerörgeli-Quartett «aarelouf». Bis zu meinem Austritt im Jahr 1999 kamen viele unvergessliche Auftritte, Tonträger etc. zusammen.
Im Jahr 2000 starteten wir mit «Follchlore». Auch hier kamen unzählige schöne Momente zusammen. Bis zur Auflösung der Formation im Jahr 2022 durften wir TV- und Radio-Auftritte, vier Tonträger und viele, viele Konzerte, kleinere und grösserer Feste und vieles mehr bestreiten.
Seit August 2022 ist «chummlig» nun meine «Hauptformation».
Seit 1992 sind «Ürsus Örgelifründe» unterwegs. Die «kleine Grossformation» besteht immer noch und wir haben immer noch Spass am Musigen.
Hanspeter Ulrich: Zu deiner Spielpraxis. Wie lernst du neue Stücke, wie übst du und welche Rolle spielen Musiknoten für dich persönlich?
Urs Liechti: Ich möchte mich als «Stegreifmusikanten» bezeichnen. Ich habe meine Stücke stets ohne Noten, also mit Gehör und/oder mit Abschauen gelernt. So übe ich meine Stücke auch ein. Ich versuche die Melodien in fingertechnisch sinnvollen Abläufen einzuüben und diese in etlichen Wiederholungen (wie eine Endlosschlaufe) zu festigen.
Im Laufe der Jahre habe ich mir das Notenschreiben (sowohl Violinschlüssel als auch Örgeli-Griffsystem) angeeignet. Ich verwende die Noten vorwiegend dazu, meine Eigenkompositionen aufzuschreiben. Auf Wunsch von Schüler:innen kann ich so auch ein Notenblatt zum Lernen von Stücken abgeben.
Hanspeter Ulrich: Auch neben der Bühne bist du aktiv für die Volksmusik. Unter der Marke «U(r)SUS-Musik» bietest du zahlreiche Dienstleistungen an. Wer kommt warum zu dir?
Urs Liechti: Mit «U(r)SUS-Musik» kann ich verschiedenen Veranstaltern, Firmen und/oder Privatpersonen helfen, eine passende Ländlerformation für ihren Anlass zu finden. Oft sind es einfach Empfehlungen, welche ich abgeben kann. Verschiedene Veranstalter möchten aber auch, dass ich alles rund um die Musik für sie organisiere.
Übrigens: im Februar dieses Jahres trete ich aus dem VSV-Vorstand zurück. Ich werde deshalb die Volksmusik an der BEA (grosse Messe in Bern) als «Freelancer» des «VSV Bern» organisieren.
Hanspeter Ulrich: Du coachst die Bühnenpräsenz von Formationen. Welche drei Tipps hast du spontan für einen gelungenen Auftritt?
Urs Liechti: Der wichtigste Tipp: den Kontakt zum Publikum aufbauen (oder wenigstens versuchen :-). Dabei ist es unabdingbar, möglichst rasch einige Worte ans Publikum zu wenden. Eine kurze Begrüssung, eventuell eine kurze Vorstellung der Musikanten etc. geben dem Publikum schon mal ein gutes Gefühl.
Als weiteren Tipp: auch während des Auftritts gelegentlich einige Worte ans Publikum wenden. Eine Erklärung zu einem Stück, eine Ankündigung des nächsten Stücks oder vielleicht auch ein kurzer Witz helfen, das Publikum immer wieder auf die Musikanten aufmerksam zu machen.
Tipp 3: beim Musizieren nicht immer nur «vorne auf den Boden schauen». Schaut man während des Spielens ins Publikum, sieht man, wie die Musik und die Musikanten «ankommen».
Hanspeter Ulrich: Der «Verband Schweizer Volksmusik» (VSV) hat dich im letzten Frühjahr zum Ehrenmitglied ernannt. Was waren deine Haupttätigkeiten im Verband? Und welche Verbandsarbeit machst du aktuell?
Urs Liechti: Im VSV Bern bin ich seit 2011 als Vorstandsmitglied tätig. Im Vorstand bin ich einerseits als Musikchef, das heisst als Berater/Unterstützer der vielen Musikanten, aber auch der Veranstalter etc. zuständig. In dieser Funktion habe ich bis jetzt auch die Organisation der Volksmusik an der BEA gemacht. Wie oben schon erwähnt, werde ich die BEA ab jetzt als «Freelancer» im Auftrag des Vorstands weiterführen. Zusätzlich bin ich auch als Stellvertreter des Präsidenten tätig. Zusammen mit dem gesamten Vorstand haben wir die vielfältigen Aufgaben des VSV getragen.
Von 2012 bis 2022 war ich als Regionalvertreter Nordwestschweiz im Zentralvorstand des VSV Schweiz aktiv. In dieser Funktion war ich die Verbindungsperson zwischen dem VSV Schweiz und den Kantonen Bern, beider Basel, Aargau, Solothurn und des Oberwallis. Die Ehrenmitgliedschaft des VSV CH war für mich eine freudige Überraschung und ich schätze diese Anerkennung sehr.
Hanspeter Ulrich: Die beliebten «Jungmusikanten-Stubeten» (JuMu) sind auch auf deine Initiative hin entstanden. Wie ist das Konzept dahinter, wer ist der Zielmarkt und wo gibt es weitere Infos:
Urs Liechti: Die «JuMu- Stubeten» habe ich zusammen mit Christian Scheuner vom «Verband Emmentalischer Volksmusikfreunde VEV» im Herbst 2011 ins Leben gerufen. Die regelmässigen JuMu-Stubeten stehen ganz im Zeichen der jungen Musikantinnen und Musikanten. Bereits nach wenigen Monaten zeigte sich, dass die Nachwuchsmusikanten unser Angebot sehr schätzten und die Stubeten regelmässig und gerne besuchten. Bewährt hat sich, dass wir jeweils eine/n bekannte/n Ländlermusikant/in zu den Stubeten eingeladen haben. Die Musiker stehen den Jungen zur Verfügung. Das heisst, sie musizieren mit ihnen, stehen mit Rat und Tat zur Seite. Ein Konzept, dass sich für beide Seiten sehr gelohnt hat und weiter lohnt. Die Stubeten wurden zu Beginn im Restaurant zur Säge Rinderbach durchgeführt. Aufgrund des grossen Erfolgs expandierten wir später zusätzlich ins Berner Oberland, ins Restaurant Wiler in Spiezwiler.
2022 habe ich die Organisation der «JuMu-Stubete» abgegeben. Sie wird nun vom Vorstand des VSV Bern getragen. Infos zur JuMu-Stubete findet man auf der Website des Verbandes.
Hanspeter Ulrich: Was sind deine nächsten Aktivitäten mit deinem geliebten Instrument?
Urs Liechti: Da ich mich nach und nach aus den verschiedenen Aufgaben zurückgezogen habe, kann ich mich wieder vermehrt meiner Leidenschaft, dem Musizieren, widmen. Das gemeinsame Musigen, die Proben, die Auftritte, aber auch der Örgeliunterricht machen mir sehr grossen Spass. Das Leben als Musikant ist sehr abwechslungsreich und befriedigend, und man darf viele Bekanntschaften mit «guten» Menschen erleben.